Was macht Covid-19 eigentlich mit dem Online Marketing in der Schweiz? Auf der einen Seite katapultierte der Digitalisierungsboom die Quoten für Mediennutzung in der Schweiz zu neuen Höchstwerten und rückt einen Grossteil der Nachfrage ins Onlinegeschäft. Auf der anderen Seite sorgen krisenbedingt gekürzte Spendings im Bereich Marketing und PR für allgemeine Verunsicherung. Einzelne Marketingkampagnen laufen mangels Interesses der Zielgruppe ins Leere, Ausgaben werden priorisiert und alles, was in der Krise keinen direkten Rationalisierungseffekt besitzt, wird erst einmal aufgeschoben oder sogar pausiert.
Auch wenn es jetzt noch zu früh ist, treffsichere Prognosen für die Online Marketing Branche in der Schweiz zu treffen, wird deutlich, dass das veränderte Medien- und Konsumverhalten für manche Geschäftszweige – Habitualisierung vorausgesetzt – grosses Potential birgt. Der Bedarf könnte sich noch stärker auf alternative Online-Absatzkanäle verschieben und das Budget – sowohl extern als auch inhouse – gezielt in Experten für digitale Transformation fliessen.
Wir von der SOM wollte es genauer wissen und haben eine spontane Umfrage zum Thema Corona und Online Marketing in der Schweiz gestartet.
Die Grundgesamtheit der Umfrageteilnehmer mit n=23 mag nicht einer offiziellen Studienqualität entsprechen, dennoch ergeben sich spannende Ergebnisse zur aktuellen Stimmung in der Schweizer Online Marketing Branche.
Corona und das Online Marketing mittendrin
Corona? Ist das nicht diese mexikanische Biermarke? Anteil der Marketer, die das sagen? Gleich Null. Denn feststeht, dass Covid-19 die Welt in Atem hält und die meisten von uns in irgendeiner Weise berührt. Hier stellt das Online Marketing in der Schweiz keine Ausnahme dar. Entgegen einigen sehr wenigen Befragten, die kaum oder nur geringe Auswirkungen spüren, gibt mehr als die Hälfte an, von der Corona Krise direkt betroffen zu sein. Bei rund 10% steht die Welt sogar Kopf. Aber was bedeutet das für die Online Marketing Branche in der Schweiz im Detail? Bitte hier entlang…
#1: Online Marketing Kampagnen zu 28% auf hold
Die amerikanische Investmentbank Cowen & Co prophezeite den Branchenriesen Google und Facebook angesichts der Corona Krise Verluste in der Höhe von insgesamt 44 Milliarden US-Dollar. Was ist dran, wollten wir von den Online Marketing Profis in der Schweiz wissen. Rund 28% der Befragten gab an, laufende Kampagnen angesichts der Corona Krise tatsächlich gestoppt zu haben, während mehr als die Hälfte inhaltliche Änderungen (24%) oder kleine Anpassungen (28%) vorgenommen hat. Flinke Rechner kommen jetzt auf verbleibende 20%. Diese mussten gar keine Anpassungen an den laufenden Marketing Kampagnen vornehmen.
#2: Budgetkürzungen bei 36,6% der Marketer
Das höchstwahrscheinlich branchenbedingte 50/50 Bild, das sich bereits in den ersten Fragen unserer Ad-hoc Umfrage zur Corona Krise abzeichnet, spiegelt sich auch in Hinblick auf das Budget im Online Marketing der Schweiz deutlich wider. Während Corona auf das Budget von rund 52% der Befragten keinen Einfluss genommen hat, gaben mehr als 47% an Budgetverschiebungen an. Aber in welche Richtung? Ja, leider richtig geraten, 77,8% der Befragten wurden mit Budgetkürzungen konfrontiert, während 22,2% ihre Spendings für Online Marketing andererseits erhöht haben.
Ergibt nach schönstem Zweisatz: Budgetkürzungen bei insgesamt 36,6% der befragten Branchenvertreter. Eine Krise kennt eben immer Gewinner und Verlierer.
#3: Interessenverschiebung = verändertes Userverhalten
Insgesamt lässt sich eine deutliche Verschiebung der Interessen der Schweizer während der Corona Krise konstatieren – erst Recht online. Während die Themen Onlineshopping, Kochen, Gartenarbeit und Einrichtung in der Schweiz Popularitätspunkte hinzugewonnen haben, ist das Interesse in den Bereichen Tourismus und Gastronomie erwartungsgemäss zurückgegangen. Dass #stayathome aber nicht bei Bergbahnen und Restaurants aufhört, haben auch Anbieter von Kosmetik, Schuhen und Fitnessangeboten spüren müssen.
Es wundert also nicht, dass die Antworten auf die Frage nach dem sich veränderten Userverhalten durch Covid 19 völlig different sind. Insgesamt 30,4% beobachteten eine negative Veränderung des Userverhaltens hinsichtlich des Online-Engagements. Davon gaben fast 9% sogar an, dass sich die Zahlen im Keller befänden.
21,7% befinden sich eher auf dem Dachboden. Sie haben anscheinend auf die richtigen Interessen in Zeiten von Corona gesetzt oder ihre Kampagnen treffsicher angepasst und konnten sich über positive Nutzersignale freuen. Das bedeutet aber auch, dass ein Grossteil, nämlich 47,8% überhaupt keine veränderten Daten bei Conversions, Engagement und Zugriffszahlen beobachtet.
#4: Veränderte Nachfrage beeinflussen CPC, TKP & Co.
Und damit kommen wir auch schon zur nächsten Frage, die eng mit dem veränderten Userverhalten zusammenhängt. Wie haben sich die Preise für Werbeanzeigen, also CPCs und TKPs verändert? Ganz einfach: linear zum veränderten Userverhalten. Während die meisten, nämlich 47,1% der Befragten keine Veränderungen spüren, zahlen rund 23% bei CPC & Co. drauf, während sich 17% über günstigere Ads freuen können.
#5: Change als Chance
Und jetzt kommen wir zum angekündigten kleinen Happy End unseres Branchenbarometers. Trotz gemischter Zahlen und Krisenstimmung beklagen sich unsere Marketer nicht über die Umsatzeinbussen, sondern betonen neue Potentiale, die durch die Corona Krise freigesetzt werden. Der Change als Chance also. Von einer „besseren Kundenbindung durch wöchentliche Konferenzcalls“ über entschlackte Prozesse bis hin zu „Portfolio Shifts“ und „mit neuen Ideen zum Erfolg“ versprühen die Antworten der Online Marketer in der Schweiz deutlich Optimismus. In Zahlen ausgedrückt:
57,1% der Befragten müssen echte Anhänger von Max Frisch sein. Sie halten es genau wie er und sehen die Krise als produktiven Zustand aus dem sie sogar gestärkt hervorgehen! Und der Rest? Meint sich ein blaues Auge einzufangen, aber es dann doch zu schaffen. So viel Optimismus und Kampfeswillen – Herr Frisch wäre stolz auf uns Eidgenossen!
#6: Neukunden trotz Corona? Natürlich
Das Feuerwerk unserer Ad-hoc Umfrage haben wir uns absichtlich fürs Ende vorbehalten. Hier kommt eine Zahl, die für die Online Marketing Branche in der Schweiz mehr als nur Hoffnung macht:
78,9% der Schweizer Online Marketer halten die Neukundengewinnung in der Krise für möglich.
Haben wir zu viel versprochen? Wenn die Krise eines deutlich macht, dann, dass der Change möglich ist: Unternehmen überschlagen sich bei der Digitalisierung und selbst ein Umdenken beim Klima ist gar nicht so schwer. Damit ihr als Online Marketer den Change als Chance umsetzt, gilt umso mehr:
- Beweglichkeit: Veränderungen extrem schnell begegnen
- Daten: Datengesteuert arbeiten, um zu einem besseren Kundenverständnis zu gelangen
- Digitale Transformation: Marken durch technologiebasierte Lösungen transformieren
- Kundenkommunikation: Situationsgerechte Kundenansprache zur Kundenbindung einsetzen.
Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen, Max Frisch.