Marketing-Attributionsmodelle

Erläuterung und Übersicht

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Nachdem wir sehr viel positives Feedback zu unserem vorherigen Artikel Business Intelligence und Attributionsmodelle erhalten haben, möchten wir diesen beiden Themen jeweils einen eigenen Beitrag widmen, um noch tiefer in die Materie einzutauchen. Den Start machen wir mit Marketing-Attribution und wir freuen uns bereits auf (hoffentlich) ebenso umfangreiche Rückmeldungen eurerseits!

In hart umkämpften Werbemärkten ist es wichtig, sein Budget sehr effizient und zielgerichtet einzusetzen, um die Zielgruppe optimal zu erreichen und den besten Return on Investment zu erhalten. In der Planung spielen dabei vor allem zwei Faktoren eine tragende Rolle, sowohl die Erfahrung der Person, die für die Kampagnenplanung zuständig ist, als auch ein kalkulatorischer Faktor. Ein erfahrender Mediaplaner kann auf sein tiefgehendes Know-how und erarbeitete Benchmarks zurückgreifen. Bei komplexen Aufgaben und da Mediapläne für verschiedene Kunden immer nur bis zu einem gewissen Grad adaptierbar sind, nutzen auch diese Fachexperten gerne zusätzlich mess- und skalierbare Tools und Methoden. Einerseits können Pläne dadurch verfeinert werden, andererseits werden diese für Kunden auch transparenter, indem die Planung nicht nur auf einem „Bauchgefühl“ basiert. Für unerfahrene Personen in der Mediaplanung bzw. wenn keine Experten zur Verfügung stehen, sind diese Metriken geradezu unerlässlich, um eine wirkungsvolle Werbeplanung zu kreieren.

Was ist Marketing-Attribution?

Der Begriff Attribution stammt ursprünglich aus der Sozialpsychologie und beschreibt die Zuschreibung von Eigenschaften und von Kausalitäten bzw. von Ursache-Wirkung-Beziehungen. Dieses Modell wird auf den Marketingbereich übertragen und auch Multi-Touch-Attribution genannt. Ziel ist es die einzelnen Berührungspunkte eines Users zu identifizieren, also die Touchpoints auf seiner Customer Journey. Wie reagiert ein User auf bestimmte Ereignisse und sind diese auf seinem Weg zielführend oder gar hinderlich? In welcher Reihenfolge durchläuft eine Person diese Punkte, um zu ihrem Ziel, z.B. dem Kauf einer Ware in einem Onlineshop, zu kommen? Welche Zusammenhänge und Abhängigkeiten existieren zwischen den einzelnen Schritten und wie kann man darauf einwirken? Welche Optimierungen sollte ich als Advertiser vornehmen, um diesen Weg möglichst reibungslos, schnell und zielführend, als auch zielgruppengerecht aufzubereiten? All diese Fragestellungen möchte man mit der Marketing-Attribution durchleuchten, sodass eine bestmögliche Conversion erzielt werden kann. Es gilt den gesamten Kaufprozess und die Gedankengänge der User zu verstehen und ganzheitlich zu betrachten.

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Gewichtung und Budget

Indem gemessen wird, wie relevant ein bestimmter Touchpoint in der Customer Journey für die Entscheidungsfindung eines potentiellen Kunden ist, können entsprechende Schwerpunkte gesetzt bzw. Gewichtungen vorgenommen werden, sowohl was die Aufmerksamkeit und den damit verbundenen Werbedruck betrifft, als auch das jeweilige Budget für die einzelnen Werbekanäle.

Durch diese Gewichtung der einzelnen Kanäle kann ein optimaler ROI erreicht werden. Der Prozess sollte dabei nicht statisch sein, sondern laufend während der Kampagne analysiert und ggf. auch optimiert werden. Nehmen wir ein Werbebudget von 10.000,- CHF an, so könnte die Verteilung folgendermassen aussehen:

Kanal 1:                 750,- CHF

Kanal 2:              1.000,- CHF

Kanal 3:              1.250,- CHF

Kanal 4:              1.500,- CHF

Kanal 5:              1.500,- CHF

Kanal 6:              4.000,- CHF

Quelle: https://adparlor.com

Die Anzahl der Touchpoints, die Verteilung des Budgets und die Gewichtung ist vom jeweiligen Produkt, der damit verbundenen Kaufentscheidungsprozesse und deren Länge und Komplexität, sowie der Zielgruppe abhängig. Nachfolgend möchten wir daher die verschiedenen Modelle erläutern, damit ihr eine Übersicht habt und entscheiden könnt, welches davon am besten zu eurem Produkt oder eurer Dienstleistung passt.

Attributions-Modelle in der Praxis

Um die Funktionsweise der einzelnen Modelle besser zu verdeutlichen, erläutern wir diese an einem Beispielszenario: Du bist Besitzer eines 5-Sterne-Wellnesshotels in Graubünden und möchtest eine Marketingkampagne umsetzen, um die Anzahl deiner Zimmerbuchungen zu erhöhen. Der fiktive User Reto Meier ist an einer entsprechenden Buchung interessiert und auf der Suche nach guten Angeboten. Legen wir vier Touchpoints zu Grunde:

Erster Touchpoint:

Bei der Suche auf einem Buchungsportal wie Booking.com findet Reto verschiedene spannende Angebote und schaut sich diese an.

Zweiter Touchpoint:

Nachdem er auf dem Buchungsportal verschiedene Ergebnisse vorselektiert hat, die in sein Raster und zu seiner Vorstellung passen, geht er nach dieser Off-Site-Recherche auf deine Website, um weitere Details und relevante Inhalte zu erfahren. Alleinstellungsmerkmale spielen hierbei eine wichtige Rolle.

Dritter Touchpoint:

Reto schaut sich die Bewertungen und Userkommentare auf einschlägigen Plattformen wie Tripadvisor an, um seine bisherige Meinung entweder zu festigen, oder zu verwerfen.

Vierter Touchpoint:

Über eine Retargeting-Kampagne wird ein spezielles Angebot ausgespielt, das einen besonderen Anreiz hat und letztendlich das Buchungsverhalten auslöst. Dies muss nicht monetär sein, sondern könnte z.B. die Information beinhalten, dass es spezielles Kinderbetreuungsangebote im Hotel gibt, da bei den vorherigen Touchpoints erkannt wurde, dass Reto nach einem Familienurlaub gesucht hat.

Diese Touchpoints können unterschiedlich gewichtet werden und hierzu möchten wir die gängigsten Modelle vorstellen:

Quelle: https://digitalthought.me

First-Touch-Attribution:

Bei der ersten Interaktion wird bereits die grundsätzliche Entscheidung getroffen, sodass hier der Marketingschwerpunkt gelegt werden muss. Alle weiteren Schritte sind quasi nur eine Bestätigung für den User, um die Entscheidung gegenüber sich selbst oder Dritten, wie z.B. den Familienangehörigen von Reto, zu untermauern. Oft wird dieses Modell bei Imagekampagnen eingesetzt.

Last-Touch-Attribution:

Die letzte Interaktion ist das ausschlaggebende Kriterium und alle vorherigen haben den Kaufentscheid nur vorbereitet und Argumente hierfür geliefert. Eventuell hatte Reto viele tolle Wellnesshotels auf seiner Potentialliste, doch das Angebot einer tollen Kinderbetreuung war das ausschlaggebende Merkmal für die Buchung.

Even-Weight-Attribution:

Alle Touchpoints werden als gleichwertig angesehen, da sie jeweils neue Informationen und Inputs liefern. Das Budget wird entsprechend verteilt.

Weighted-Model-Attribution:

Im Gegensatz zum vorherigen Modell wird jedem einzelnen Berührungspunkt eine separate Gewichtung zugeteilt. In unserem Beispiel könnte dies z.B. Step 3 sein, indem ein Hotel perfekte Bewertungen auf Portalen wie Tripadvisor hat und sich damit vom Wettbewerb abheben kann.

Time-Decay-Attribution:

Die Gewichtung der einzelnen Kanäle nimmt im Verlauf zu, da diese aufeinander aufbauen und jeweils neue Informationen liefern. Der User wird damit im ersten Schritt angeteasert und alle Argumente im weiteren Verlauf bestärkt und durch weitere ergänzt.

Position-Based-Attribution:

Hierbei werden der ersten und der letzten Interaktion am meisten Relevanz beigemessen. Sowohl die Erzeugung der Aufmerksamkeit zu Beginn, das Hotel sticht direkt ins Auge, als auch das Argument Kinderbetreuung, sind ausschlaggebend. Die dazwischenliegenden Schritte unterstreichen diese beiden Positionen.

Algorithmic-Attribution:

Hierbei wird die Gewichtung von mathematischen Algorithmen übernommen, die auf aufgrund von umfangreichem Datenmaterial verschiedene Szenarien berechnen und darauf basierend eine Gewichtung vornehmen.

Fazit:

Es gibt keine Schablonen, die man anlegen kann, oder gar eine Standardvorgehensweise. Der passende Weg ist immer abhängig vom Angebot des eigenen Unternehmens und von der Zielgruppe, die man erreichen möchte. Daher ist es auch durchaus sinnvoll und empfehlenswert verschiedene Ansätze zu testen, anschliessend zu analysieren und zu vergleichen. Marketing-Attribution ist eine tolle Möglichkeit Kampagnen greifbarer und planbarer zu machen und damit eine möglichst hohe Effizient und bestmögliche Verteilung des Budgets zu erreichen.