ASMR – Was ist das?

Erklärung eines ungewöhnlichen Social-Media-Trends

Feder Foto erstellt von freepik - de.freepik.com

Der Begriff ASMR steht für Autonomous Sensory Meridian Response und beschreibt ein entspannendes und oft als beruhigend empfundenes Gefühl. Es wird mit Wohlbefinden und Ruhe assoziiert und daher werden ASMR-Kanäle auch gerne als Einschlafhilfe genutzt. Die dazu erstellten Video- und Audiofiles zeichnen sich vor allem durch Flüster-, Streichel- und Knistergeräusche aus. Bei vielen Menschen lösen diese Geräusche sogenannte Tingles aus, also ein Kribbeln auf der Haut und im Körper. Ein klein wenig lässt sich dies mit einer Gänsehaut vergleichen, jedoch hier in einem sehr positiven Sinne. Auch wird von vielen Usern berichtet, dass bestimmte Geräusche, wie z.B. das langsame Zerreisen eines Papiers oder das Geräusch einer Haarbürste, bei ihnen positive Erinnerungen weckt. Die Reaktion der User ist dabei ein sehr komplexer psychologischer und physiologischer Vorgang, der sehr individuell ausgeprägt ist. Dies kann von einer Prägung, der Umgebung, der Habitualisierung, einer Toleranz gegenüber gewissen Reizen, sowie weiteren Faktoren abhängen. Daher spricht jede Person auf verschiedene Trigger an, wie z.B. auf ganz unterschiedliche akustische oder visuelle Reize.

ASMRtists

Laut Ahrefs lag der Begriff ASMR im Jahr 2021 in den USA bereits auf Platz 2 und weltweit auf Platz 3 der am meisten eingegebenen Suchbegriffe bei YouTube. Es ist somit längst kein Randphänomen mehr, sondern wird von einem grossen Teil der User sowohl aus Interesse, als auch zur tatsächlichen Rezeption gesucht und konsumiert. Dies führte auch dazu, dass es mittlerweile Channels mit einer sehr grossen Community gibt. Die Userin Gibi verfügt über 4,05 Millionen Abonnenten auf ihrem YouTube-Channel. In einer Vielzahl von Videos, die bereits oft millionenfach aufgerufen wurden, spricht sie jeweils ganz unterschiedliche Reize und Personengruppen an.

Quelle: https://www.youtube.com/channel/UCE6acMV3m35znLcf0JGNn7Q

Ähnlich wie viele Ihrer Kollegen wird sie als Künstlerin wahrgenommen, weshalb der Bergriff ASMRtists geschaffen wurde, ein Mix aus ASMR und Artist. Da es sich um ein audiovisuelles Phänomen handelt sind Plattformen wie YouTube, Twitch oder auch Spotify hierfür bestens geeignet.

Quelle: Spotify

Dort zeigt sich auch wieder die Diversität bei der Zielgruppe. Denn einige User setzen Ihren Fokus vor allem auf die Akustik und bevorzugen Anbieter wie Spotify und Künstler wie beispielsweise ASMR Zeitgeist, der monatlich über 62.000 Zuhörer hat. Andere bevorzugen den Mix mit einem starken visuellen Reiz.

 

Bunte Vielfalt

So unterschiedlich wie die Zielgruppe, so divers sind auch die Inhalte, die diese konsumiert. Wenn man selbst zum ersten Mal mit dem Thema ASMR in Berührung kommt, so muten eventuell einige Ausprägungen zuerst überraschend, belustigend, seltsam, oder sogar befremdlich an. Dies sind jedoch immer sehr subjektive Empfindungen und die Anzahl der Seitenaufrufe und Abonnenten sprechen oft eine eigene Sprache. Der User Zach Choi ASMR hat sehr beachtliche 13,6 Millionen Abonnenten und eines seiner beliebtesten Videos, mit aktuell 44 Millionen Aufrufen, zeigt ihn beim Verspeisen von Nudeln und Chicken Nuggets. Klickt einfach auf das nachfolgende Bild, um direkt zum Video auf YouTube zu gelangen:

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=4a_NGIdhqKw

FredsVoice ASMR, ein Kanal mit 1,5 Millionen Abonnenten, zeigt auf, dass die Trigger insbesondere persönliche Erfahrungen oder auch Wünsche ansprechen. Beliebt auf seinem Channel ist beispielsweise ein 56-minütiges Video, dass ihn beim Auspacken eines iPhone 13 Pro Max zeigt. Dabei beschreibt er im Flüsterton seine Schritte und lässt verschiedene Produkt- und Packungsdetails erklingen. Dies bedeutet, dass er einen Karton nicht nur beschreibt, sondern diesen durch verschiedene Berührungen von einem taktilen Objekt zu einem auditiven macht, die Zuhörer können den Karton in ihrer Vorstellung somit „hören“.

Erotik

Zuerst möchte ich betonen, dass es sich bei ASRM primär um sensorische und nicht um sexuelle Ansprachen handelt. Gleichzeitig sprechen die Reize jedoch nicht nur unsere Sinne, sondern auch Empfindungen, Erfahrungen und Gefühle an. Dies kann auch zu einer erotischen Komponente führen. Als Trigger wird hierbei oft mit dem Mund gespielt, wie z.B. mit Küss- oder auch Leckgeräuschen. Hierzu haben sich sogar spezielle Aufnahmegeräte etabliert, mit denen die akustischen Reize optimal aufgenommen werden können. Ihr könnt gerne einmal bei Twitch oder YouTube den Begriff „asmr ear licking“ eingeben und euch selbst von der Darstellung und auch der Wirkung ein Bild machen.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=MrZHQImQgcs, https://www.youtube.com/watch?v=GqIYmqWb5ig

Vermarktung

Im Grund genommen erfolgt die Vermarktung der Kanäle auf den Video- und Audioplattformen nach den gleichen Regeln wie bei vielen anderen Themen-Channels. Oft sind die ASMRtists auch auf mehreren Plattformen präsent, um somit unterschiedliche Monetarisierungsmodelle nutzen zu können.

Quelle: https://www.twitch.tv/sharonqueen?lang=de

Also von Klicks, Werbebannern, Videowerbung, über Product Placements, hin zu kostenpflichtigen Subscriptions und Spendenaufrufen. Die sehr hohen Zugriffs- und Userzahlen sollten auch bei Marketingfachleuten einen Trigger auslösen, indem diese sich überlegen sollten, wie dieser Trend für eigene Kampagnen nutzbar wird. Eventuell können in der nächsten Video- oder Radiokonzeption einige Elemente eingebunden werden, sodass die Aufmerksamkeit der Zuschauer und Zuhörer nicht nur durch die reine Werbebotschaft, sondern auch durch weitere – ggf. unterbewusste Faktoren – ausgelöst wird. Als Mediaplaner sollte man darauf achten, dass z.B. ein Video-Mid-Roll in einem Einschlafhilfe-ASMR-Kanal nicht mit einem „Big Bang“ daherkommt, sondern ganz im Gegenteil an die Stimmung und den Inhalt des Videos angepasst ist. Ansonsten besteht die grosse Gefahr, dass man eine Reaktanz der User herbeiführt.

Fazit:

ASMR ist ein äusserst spannendes Thema und vor allem unendlich Vielfältig. Die Nutzung für Marketingaktivitäten steckt noch in den Kinderschuhen, bietet gleichzeitig aber ein sehr grosses Potential. Da es sich um ein sehr persönliches und individuelles Thema handelt, gilt für uns hier der Grundsatz „Don’t judge a book by its cover“. Vielmehr möchten wir unsere Leser an dieser Stelle ermutigen in unsere Beispiele hineinzuhören und sich ein eigenes Bild von ASMR zu machen. Über Feedback und Infos zu dem persönlichen Erleben, sowie  Kommentaren hierzu, würden wir uns sehr freuen!