Direct-to-Customer (D2C) & Social Commerce

Eine Erklärung und kulturelle Unterschiede

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Wir hoffen, dass du bereits auf einem guten Weg bist, ein E-Commerce-Superheld zu werden! In Teil eins, unseres 5-teiligen E-Commerce-Specials, haben wir eine Einführung in aktuelle Trends und News gegeben und möchten in Teil zwei auf das Thema Direct-to-Customer (D2C) & Social Commerce eingehen. Schnapp dir dein Cape, Maske auf und mach dich zum Abflug bereit! ? Jetzt geht es los und wir wünschen viel Spass beim Lesen.

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D2C – Was ist das eigentlich?

Unter diesem Begriff gibt es einige Definitionen bzw. Namen, beispielsweise Direct-to-Customer, Direct-to-Consumer, Business-to-Customer, oder Business-to-Consumer. Lasst euch nicht von diesen vielen benutzen Begriffen in die Irre leiten, am Ende des Tages geht es um die gleiche Thematik. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um eine Vertriebsstrategie, indem eine direkte Geschäftsbeziehung zwischen Hersteller und Endkunden aufgebaut wird. Diese beinhaltet unter anderem auch die direkte Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden, den direkten Abschluss von Kaufverträgen, sowie einen Fokus auf die Eigenvermarktung der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen. Marketing- und Werbeanzeigen erfolgen hierbei analog direkt zwischen diesen beiden Parteien.

D2C-Kundenaqkuise

Im Gegensatz zu klassischen Medien, wie z.B. einer Waschmittel-Werbung im Fernsehen, wird ein direkter Werbeansatz gewählt und somit der Endkunde direkt angesprochen. Dies erfolgt meist über die neuen Medien, also über Kanäle, die per PC, Tablet oder Smartphone abgerufen werden können. Somit gibt es auch eine Option, eine direkte Rückmeldung seitens des Kunden an den Hersteller zu geben. Interaktivität heisst das Stichwort! Auch klassische Medien wie z.B. TV, haben sich daran angepasst, indem sie u.a. Online-Mediatheken nutzen und beim Abspielen der dortigen Inhalte entsprechende Werbebotschaften implementieren. Das Modell D2C steht insbesondere in Konkurrenz zum stationären Handel. Aufgaben wie eine gute Kundenberatung, werden dabei digital übernommen. Daher ist es essentiell, dass insbesondere die Kommunikationskanäle optimal funktionieren, sowohl in Bezug auf die Qualität der Rückmeldung, als auch die Quantität in Bezug auf die Schnelligkeit.

Zwischenhändler Vs. Direktvertrieb

Beide Vertriebswege haben ihre Vor- und Nachteile und die richtige Wahl hängt von verschiedenen Faktoren ab. So geben beispielsweise die Produkteigenschaften einen Aufschluss darüber, welcher Kanal womöglich besser geeignet ist. Handelt es sich um ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt, in welchem Preissegment befindet man sich und wie hoch sind die Lagerkosten? Ist man als Hersteller, bezogenen auf die Unternehmensgrösse und die Mitarbeiterzahl, überhaupt in der Lage einen reibungslosen Direktvertrieb zu gewährleisten? Kann man sich zudem mit einem Direktvertrieb auf dem Markt erfolgreich gegenüber den Konkurrenten positionieren? Diese und andere Fragen muss man sich als Unternehmer stellen. Grundsätzlich lassen sich aber folgende Vor- und Nachteile zusammenfassen, die auf einen Grossteil der Unternehmen anwendbar sind.

Vorteile Direktvertrieb

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  • Höhere Marge, da die Provision für Mittler entfällt
  • Grössere Preisflexibilität und Aktionsspielräume
  • Direkter Kundenkontakt und Rückmeldeoptionen, aus denen sich Optimierungspotentiale besser ableiten lassen
  • Mehr Kontrolle über die Art und Gestaltung des Vertriebs, der Kundenansprache und der Produktpräsentation
  • Werbemassnahmen können ggf. gezielter auf die eigene Zielgruppe abgestimmt werden
  • Durch Abo- und Loyalty-Programme ist es möglich, die Kunden langfristig und direkt an das Unternehmen zu binden

 

Nachteile Direktvertrieb

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  • Höhere interne Kosten und Mitarbeiteraufwand
  • Der unternehmenseigene Aufwand für Reklamationen und Rücksendungen ist grösser
  • Kein direkter Zugang zu einem vorhandenen Markt und potentiellen Kunden
  • Eigenständiger, zeit- und kostenintensiver Aufbau und Schulung einer internen Vertriebsorganisation
  • Informationen für erklärungsbedürftige Produkte müssen selbst zur Verfügung gestellt werden
  • Höherer logistischer Aufwand
  • Zusätzliche Werbemassnahmen der Partner entfallen

Oft werden auch beide Modelle parallel genutzt. Hierbei ist darauf zu achten, dass sich die beiden Kanäle nicht kannibalisieren, indem z.B. verschiedene Preisstrategien gefahren werden und damit entweder ein Kanal uninteressant wird, oder Vertriebspartner verärgert werden.

D2C im Social Commerce

Während der Covid-Pandemie hat sich die Beziehung zwischen Konsumenten/Kunden und Unternehmen stark verändert, da es teilweise gar nicht möglich war, Produkte im stationären Handel zu erwerben. Das Modell Direct-2-Customer wurde gestärkt, indem Produkte online direkt an den Endkunden vermarktet wurden. Marken haben in den Aufbau von Social- und Live-Commerce-Plattformen investiert, wodurch der Verkaufsprozess direkter wurde. Insbesondere durch technisch versierte Umsetzungen und durch starke Visuals und kreative Ideen auf Social Media Plattformen, konnte Interesse generiert und

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eine tiefere Kundenbindung zur Marke geschaffen werden. Instant-Shopping heisst das Zauberwort, indem man als User bereits alle relevanten Informationen beim Hersteller findet und das Produkt dort auch direkt kaufen kann. Zuvor wurden Social-Media-Kanäle vor allem zum Brandbuilding und Community-Aufbau genutzt. Dies hat sich geändert und die Kanäle werden zunehmend auch als Absatz-Tool eingesetzt. Social Media wird damit zunehmend zu einem ganzheitlichen Marketing- und Werbeinstrument, indem darüber weitere Prozesse, u.a. wie die Neukundenakquise, das Bereitstellen von Produktinformationen, die Implementierung von Verkaufsoptionen und deren Abwicklung, sowie der Kundensupport, realisiert werden. Einkaufen wird somit noch mehr zu einem interaktiven Erlebnis, es hat schon fast einen Eventcharakter. Durch gezieltes Community-Marketing, Anreizsysteme wie Rabatte für Follower und User, die Unternehmensinhalte teilen, Influencer- und Partnerkampagnen, sowie vielfältige Like- und Sharemöglichkeiten, wird eine hohe Engagement-Rate erzeugt. Die User werden an das Unternehmen gebunden, interagieren direkt und wenn man diesen ganzheitlichen Ansatz als Marke professionell und erfolgreich umsetzt, so schafft man Vertrauen. Mittlerweile reichen eine gut geführte Website und ggf. eine Präsenz auf E-Commerce-Marktplätzen nicht mehr aus, sondern Social Media steht immer mehr Vordergrund. Mehr Details, Praxisbeispiele und Infos gibt es in wenigen Wochen von uns in Form eines separaten Social-Commerce-Beitrags.

Nähkästchen & Fazit

Ein wenig aus dem Nähkästchen gesprochen: Als Agentur Nine Elephants haben wir neben unserem Hauptsitz in Deutschland auch einen weiteren Sitz in Asien, genauer gesagt in Phuket, in Thailand. Bereits vor Covid hat sich die Art der inhaltlichen und visuellen Kundenansprache, als auch die Wahl der dazugehörigen Kanäle, sehr deutlich von einer europäischen Vorgehensweise unterschieden. Aufgrund sehr strikter Corona-Massnahmen, wurde dies noch weiter verstärkt, sodass sich mittlerweile bei einigen Unternehmen, der ausschliessliche Vertriebskanal auf Social Media beschränkt, sofern lokale Kunden angesprochen werden sollen. Als Beispiel möchte ich hier das LaeLay Phuket Music Festival nennen, bei dem lokale, thaisprachige Künstler aufgetreten sind. Die Onlinepräsenz beschränkte sich hierbei voll und ganz auf Social Media, sodass nicht einmal eine Website bzw. Landingpage erstellt wurde. Auch die Kommunikation bezüglich des Kartenverkaufs und zu weiteren Infos, hat sich alleine auf Social-Media-Kanäle beschränkt.

Quelle: nine-elephants.de, LaeLay Festival

Als abschliessendes Beispiel möchte ich einen unseren thailändischen Kunden erwähnen, der mehrere grosse Wohnanlagen mit durchschnittlich ca. 150-200 Wohnungen besitzt, in Summe aller Gebäude mehrere tausend Wohnungen. Die Website bietet nur minimalistische Infos zum Unternehmen, quasi keinerlei Details zu einzelnen, verfügbaren Apartments. Neben gängigen Immobilienseiten – gleich wie z.B. homegate.ch – auf denen inseriert wird, konzentriert sich der ganze restliche Vertriebsweg auf Social Media, indem es z.B. eine eigene Facebook-Gruppe gibt, bei der eine neu verfügbare Immobilie unmittelbar erwähnt wird. Danach können Interessenten direkt auf den Post antworten oder eine private Nachricht schicken. Das heisst, dass alle neu verfügbaren Wohnungen (fast) ausschliesslich direkt über Social Media beworben, kommuniziert und vor allem auch neu vermietet werden.

Bei den meisten von uns sorgt dies jetzt sicherlich für einen skeptischen Gesichtsausdruck, doch im thailändischen Markt funktioniert dies perfekt. Lässt sich das auch für den schweizer Markt adaptieren? Meiner persönlichen Meinung nach nein, zumindest nicht unmittelbar zu diesem Zeitpunkt. Denn wir haben ein anderes, gelerntes und sozialisiertes Mediennutzungsverhalten und externe Faktoren wie Datenschutz und persönliche und kulturelle Prägungen spielen hier eine entscheidende Rolle. Gedanken an Vertrauen, Seriosität und Business Etiquette kommen auf. Anhand der aktuellen Entwicklung und dem Vormarsch von Direct-to-Consumer-Geschäftsabschlüssen, auch über Social Media, sollte man sich dennoch sowohl persönlich, als auch unternehmerisch, auf eine kleine Veränderung einstellen. Denn in Zukunft könnte es auch im DACH-Markt weitaus relevanter werden, neue Vertragsabschlüsse über Social-Media-Kanäle und Messenger wie Facebook, Instagram, Line und Co. zu generieren.

Es bleibt spannend, inwiefern sich diese Entwicklung auch im hiesigen Markt durchsetzen kann und wie ggf. auch die Politik und Gesetzgebung darauf reagieren wird, oder muss.

Hiermit sind wir am Ende unseres E-Commerce-Specials Teil 2. Das nächste Thema heisst: Hybrid- / Omnichannel Commerce.