Einführung ins Drip-Marketing

Ein Balanceakt zwischen Mehrwert und Spam

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Viele kennen sicher das nachfolgende Phänomen: Man war für zwei Wochen im verdienten Urlaub, kommt entspannt zurück, startet seinen Rechner, öffnet sein Emailprogramm und die Entspannung ist schnell verflogen. Denn es erwartet einen eine regelrechte Flut an Mails, die sich angestaut hat. Von mehreren hundert bis in die tausende reicht diese Zahl gerne und man ist zuerst mit „wegsortieren“ beschäftigt. Laut Bitkom.org landen täglich durchschnittlich 26 berufliche E-Mails in unserem Posteingang. Wer in grösseren Teams eingebunden ist oder viel Kundenkontakt hat, bei dem ist die Zahl meist weitaus höher. Die Anzahl der weltweit versendeten und empfangenen E-Mails lag dabei vergangenes Jahr bei 319,6 Milliarden – täglich! Spam-Mails machen ca. 55% des gesamten E-Mail-Verkehrs weltweit aus, es wird also mehr Spam als gewünschte Information verschickt (Quelle: Statista.com). Neukundenakquise ist für das Unternehmenswachstum essentiell und gerne wird auch der Kanal Email hierfür genutzt. Doch wie kann man sich von anderen Mails und von Mitbewerbern abgrenzen? Insbesondere ist es auch relevant nicht als Spam wahrgenommen zu werden, sodass man nicht direkt im Papierkorb landet, oder schlimmstenfalls sogar auf einer Ignore-Liste.

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Quelle: Computer Foto erstellt von master1305 – de.freepik.com

Nachfolgend möchten wir euch daher einen Einblick, sowie Tipps und Tricks zum Thema Drip-Marketing geben, sowohl im Bereich Email als auch Social Media.

Drip Marketing – was ist das?

Übersetzt man das Wort Drip so erhält man bereits einen ersten Anhaltspunkt, den Tropfen. Ähnlich wie bei Wassertropfen geht es darum, eine Kampagne aus mehreren Berührungspunkten aufzubauen, der Kunde wird quasi tröpfelnd angesprochen. In der Konzeptionsphase der Kommunikationsstrategie werden mehrere aufeinander aufgebaute Nachrichten an Kunden bzw. potentielle Neukunden übermittelt. Hierzu wird klassischerweise Direktmarketing verwendet, also gedruckte Werbebriefe, die postalisch verschickt werden. Auch aus Kostengründen hat sich der Trend in den vergangenen Jahren hin zum digitalen Versand bzw. der digitalen Ansprache entwickelt, weshalb wir unseren Fokus auch auf Drip-Marketing per Email und Social Media setzen.

Die Differenzierung

Was unterscheidet „reguläres“ Marketing über Kanäle wie Social Media und Email von Drip-Marketing-Kampagnen? Beim Drip-Marketing wird bereits im Vorfeld die Anzahl der Nachrichten, sowie das jeweilige Versanddatum festgelegt. Meist ist das Ziel Leadgenerierung, also das grundsätzliche Interesse eines potentiellen Neukunden zu wecken. In einem darauffolgenden Schritt wird der Ansprechpartner dann über einen anderen Kanal, oft durch eine direkte Ansprache durch das Vertriebsteam, kontaktiert. Im Gegensatz zu einem Newsletter sollte bei einer Drip-Kampagne immer ein spezifisches Ziel verfolgt und dementsprechend auch nur ein spezifisches Produkt bzw. eine Dienstleistung angesprochen werden. Über Email wird in der Regel ein drei- bis vierstufiger Prozess erstellt, der von einem Teaser in der Erstmail, über Details in der Folgemail, hin zu Alternativinformationen in der Dritten reicht und in einer Last-Chance-Nachricht endet. Die Nachrichten sind verknüfpft und führen Argumentationsketten fort, sodass jede einzelne  einen Mehrwert bietet.

Über Social-Media-Kanäle wie LinkedIn oder Xing erfolgt die Kommunikation grundsätzlich nach dem gleichen Prinzip, jedoch mit einigen Adaptionen, was die Ansprache und vor allem die Länge der Nachrichten angeht. Hier darf man sich gerne nach dem folgenden Sprichwort richten: In der Kürze liegt die Würze. Der grösste Teil der Leadgenerierung wird über professionelle Businessportale erzeugt. Weitere Plattformen wie Facebook oder Instagram eignen sich nur bedingt für die direkte Neukundenansprache. Dafür sind diese besser geeignet, wenn nicht die Neukundenakquise im Mittelpunkt steht, sondern z.B. die schrittweise Enthüllung eines neuen Produkts. Insbesondere bei Unternehmen mit einer bereits grossen Anhängerschaft von Followern, kann über eine Drip-Kampagne eine hohe Aufmerksamkeit geschaffen werden, indem immer nur tröpfchenweise Informationen veröffentlich werden. Als Beispiel möchten wir hier die Einführung eines neuen Natelmodells nennen, bei dem die Fans jede kleinste Teaserinfo liken, teilen und diskutieren. Durch Drip-Marketing wird somit ein Spannungsbogen erzeugt.

Die Marketingansprache erfolgt meist automatisiert und bietet verschiedene Antwortmöglichkeiten, je nach Kundenreaktion und Feedback. Daher wird es oft modular aufgebaut und als Verkaufsinstrument eingesetzt, insbesondere bei langen Verkaufszyklen und erklärungsbedürftigen Produkten.

Die richtige Zielgruppenansprache

Essentiell für eine gute Conversion-Rate ist im Vorfeld ein optimaler Datenpool von Adressen bzw. Adressaten. Es stellt sich die Frage, ob das beworbene Produkt bzw. die Dienstleistung für den Empfänger der Nachricht auch spannend und relevant ist. Neben der Selektierung von geeigneten Unternehmen ist auch die Auswahl des richtigen

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Quelle: Photo by Melanie Deziel on Unsplash

Ansprechpartners sehr wichtig. Für das Bewerben eines Softwareprodukts ist ggf. der Leiter der IT-Abteilung entscheidend, während es den Geschäftsführer eventuell weniger interessiert, da er sich auf andere Dinge fokussiert. Auch sollte die Ansprache jederzeit die Bedürfnisse der Zielgruppe tangieren, den Customer Need. Probleme, die ein potentieller Kunde haben könnte, werden aufgegriffen und  anschliessend eine Lösung geboten. Dabei darf die Botschaft jedoch nie belehrend oder besserwissend wirken, sondern indirekt ein mögliches Bedürfnis ansprechen. Die Texte der Kampagne sollten zwingend auf den Adressatenkreis angepasst und entsprechend formuliert und konzipiert werden. Bei einem Fachexperten-Datenpool können mehr technische Details und Fachbegriffe einfliessen, während bei einem weiter gefassten Adressatenkreis dies eher zu vermeiden ist.

Das richtige Konzept

Es gilt die Pain Points der jeweiligen Person zu erkennen. Ein Marketingexperte sollte sich mit der Frage beschäftigen, wie man den beruflichen Alltag des Gegenübers erleichtern und verbessern kann. Das Konzept wird darauf aufbauend verfasst. Hier ist Kreativität gefragt, um aus der Masse an täglichen Emails heraus zu stechen.

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Quelle: Geschäft Foto erstellt von Drazen Zigic – de.freepik.com

Drip-Kampagnen dürfen keinesfalls eine ellenlange Lobeshymne auf die eigenen Leistungen sein, denn solche Nachrichten erhalten die meisten Entscheider mehrmals täglich. Vielmehr ist es hilfreich sowohl offene, als auch geschlossene Fragen zu stellen, um den potentiellen Lead zu einer Interaktionen und einer positiven Rückmeldung zu bewegen. Der Kunde steht im Mittelpunkt und nicht die eigene Leistung! Zuerst wird Vertrauen geschaffen, indem in der ersten Ansprache zwar eigenes Fachwissen vermittelt wird, aber so, dass jederzeit erkennbar bleibt, dass die Kundenexpertise im Vordergrund steht.

Drip-Marketing = SPAM!?

In der Tat ist es eine sehr schmale Gratwanderung zwischen Drip-Marketing und Spam. Wenn der Nachrichtenempfänger keinen Mehrwert für sich erkennt, so landet die Mail meist direkt im Papierkorb. Insbesondere die Erstansprache darf nicht zu lang sein, da sie ansonsten im hektischen Berufsalltag tendenziell eher nicht gelesen wird. Wird die Nachricht als Werbung wahrgenommen, so wandert diese ebenfalls in die Ablage P wie Papierkorb. Wird die falsche Zielgruppe ausgewählt und mit für sie persönlich nicht relevanten Infos angesprochen, so wird die Message ebenfalls als Spam interpretiert.

Es ist nachdrücklich zu Empfehlen den Datenpool laufend zu überwachen und zu überarbeiten. Im Vorfeld muss bereits die Genehmigung zur Ansprache (meist in Form eines Double-Opt-In) vorhanden sein. Wünscht ein Kunde keinen weiteren Kontakt, wird aber dennoch erneut angeschrieben, so können teure Abmahnungen folgen. Ebenso müssen Kunden, von denen es bereits eine Rückmeldung gab – egal in welcher Form – aus dem generellen Datenpool rausgenommen werden.

Oftmals sind die Abstände zwischen den einzelnen Nachrichten auch zu kurz gewählt. Insbesondere Entscheider haben nicht immer die Zeit sofort auf eine Nachricht zu antworten, die zeitlich nicht kritisch ist. Wird zu schnell nachgehakt, so entsteht oft eine ablehnende Haltung, obwohl eventuell zuvor ein Grundinteresse bestand. Insbesondere werden Kunden auch sehr schnell genervt, wenn man diese über mehrere Kanäle anspricht, im schlimmsten Fall sogar zeitgleich.

Ein persönliches Erlebnis aus dem Nähkästchen: Von einem Softwareunternehmen wurde ich innerhalb von zwei Tagen ganze sechsmal kontaktiert: Kontaktanfrage über Xing, Kontaktanfrage über LinkedIn, Nachricht über Xing, die gleiche Nachricht über LinkedIn, die gleiche Nachricht per Mail und den Reminder per Mail am Folgetag, warum ich noch nicht geantwortet hätte. Meine „Antwort“ kann sich jeder denken, ich habe die Person und das Unternehmen auf allen Kanälen gesperrt.

Praxisbeispiele

Nachfolgend möchten wir euch einige Beispiele vorstellen und kurz darauf eingehen, warum wir diese als positiv oder negativ ansehen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind die Unternehmen geschwärzt. Für eine bessere Lesbarkeit könnt ihr auf die Grafik klicken, um sie zu vergrössern.

  1. Die Nachricht ist belehrend und bereits im ersten Satz wird suggeriert, dass das Unternehmen etwas falsch machen würde. Solche Ansprachen sind gleichzusetzen mit einem Affront. Schneller kann man einen möglichen Kunden kaum vergraulen.
  2. Diese Nachricht hat einer unserer Kunden erhalten, darüber sehr geschmunzelt und sie weitergeleitet. Der Kunde arbeitet im Finanz- und Investmentbereich und der allergrösste Teil der Projekte unterliegt einer Geheimhaltungsvereinbarung. Weder auf der Website, noch auf anderen Kanälen wie Social Media, werden jemals Referenzen publiziert. Es wird deutlich, dass es sich um eine generische Nachricht handelt, der Absender hatte nie eine Einsicht in die Projekte. Falsche Lobeshymnen und Unwahrheiten sollten daher unbedingt vermieden werden.
  3. Leider eine sehr typische Erstansprache einer Drip-Kampagne. An keiner Stelle wird auf den potentiellen Neukunden, dessen Pain Points, Produkte oder seinen Unternehmenszweig eingegangen. Stattdessen erfolgt ein regelrechtes Stakkato an Fachbegriffen, um das eigene Potenzial möglichst stark aufzublähen. Nicht spannend, nicht relevant, nicht wirksam.
  4. Schliessen möchte ich mit einem persönlichen Positivbeispiel. Bereits in der Vergangenheit habe ich Techniken genutzt, um Heatmaps von Werbemitteln und Webdesigns zu erstellen. Damit kann geprüft werden, wie aufmerksamkeitsstark einzelne Elemente sind. Teilweise war dies aber ein recht aufwändiger Prozess. Der Absender hat sich mit dem Unternehmen Nine Elephants und unserem Portfolio beschäftigt, einen Mehrwert erkannt und diesen vorgestellt, ganz ohne werblich oder aufdringlich zu sein. Die komplette Email besteht nur aus fünf Sätzen, die aber alles aussagen, was relevant ist. Das Sahnehäubchen ist ein individuell angepasstes Beispielvideo. Chapeau! für diese Email-Ansprache, besser kann man es kaum machen. Wird die Botschaft an eine breite Masse gerichtet, so kann dieser Individualisierungsgrad in der Regel nicht umgesetzt werden. Durch eine gute Selektion und Kategorisierung von verschiedenen Unternehmensgruppen und Ansprechpartnern, lässt sich dennoch eine personalisiert anmutende Ansprache verfassen, sodass Interesse beim Empfänger geweckt wird. Das Beispiel soll daher als Leidbild für ein tolles und wirkungsvolles Konzept dienen.

Fazit

Drip-Marketing kann ein sehr effizientes Tool für die Neukundenakquise sein, sofern einige wichtige Parameter beachtet werden. Die Basis stellt eine sehr gute Adressdatenbank dar und es ist wichtig, die möglichen Neukunden zu clustern. Die Buyer Persona muss erkannt und die Kampagne darauf abgestimmt werden. Die einzelnen Nachrichten bauen möglichst genau aufeinander auf, sodass sich die Inhalte nicht wiederholen, sondern immer einen weiteren Nutzen bieten. Dadurch werden verschiedene Bedürfnisse angesprochen. Es ist ratsam bei Texten schnell zum Punkt zu kommen und nicht zu werblich, aufdringlich, oder gar belehrend zu sein. Im Fokus steht der Mehrwert für den Kunden. Mit einem Call to Action und/oder Fragen wird der Adressat zu einer Interaktion animiert und der Text abgerundet.